Diebstahl des Fahrzeugs – Leistungsfreiheit bei zurückgelassenem Fahrzeugschlüss

Diebstahl des Fahrzeugs – Leistungsfreiheit bei zurückgelassenem Fahrzeugschlüss

Die Kaskoversicherung wird bei einem Fahrzeugdiebstahl nicht bereits dann von ihrer Leistungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer objektiv grob fahrlässig gehandelt hat, in dem er z.B. den Fahrzeugschlüssel im Fahrzeug zurückgelassen hat. Weiter muss dem Versicherungsnehmer auch subjektiv grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden können.

Das OLG Celle hatte über den folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Der Kläger hatte sein Fahrzeug vor seiner Wohnung abgestellt um Gepäck in seine Wohnung zu bringen.

Er musste mehrfach zwischen Wohnung und Fahrzeug hin und her laufen. Die Fahrzeugtüren waren geschlossen, aber nicht verschlossen. Auf der Rückbank lag die Jacke des Klägers mit dem Zweitschlüssel, den Erstschlüssel hatte die Frau des Klägers, die das Fahrzeug an diesem Tag gefahren hatte und die ausgestiegen war und sich in der Wohnung befand, bei sich.

Die Kaskoversicherung warf dem Kläger ein grob fahrlässiges Verhalten vor, berief sich aufgrund des Verhaltens des Klägers auf Leistungsfreiheit und verweigerte die Leistung.

Das OLG führt hierzu aus:

„Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. nur BGH, NJW 1989, 1354, 1355; Langheid, in Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl., Rdnr. 43 zu § 61 m. w. N.) Grobe Fahrlässigkeit ist in der Rechtsprechung bei Kfz.-Entwendungen etwa dann bejaht worden, wenn der Fahrzeugschlüssel im Zündschloss steckte oder im unverschlossenen Handschuhfach zurückgelassen wurde, oder sonst im Wageninnern aufbewahrt werden (vgl. BGH, VersR 1986, 962 m. w. N.). Die Schlüssel lagen vorliegend im unverschlossenen Fahrzeug des Klägers und dieser hatte zeitweise und jedenfalls nicht nur für einige Sekunden nicht einmal Sichtkontakt zu dem unverschlossenen Fahrzeug. Das Zurücklassen des Fahrzeugschlüssels im unverschlossenen Fahrzeug war objektiv grob fahrlässig.“

Neben der Feststellung, dass die Handlung objektiv grob fahrlässig war, muss dem Geschädigten aber weiter der Vorwurf gemacht werden, er habe subjektiv ebenfalls grob fahrlässig oder leichtfertigt gehandelt.

Das OLG führt hierzu weiter aus:

„Der Bundesgerichtshof hat in einem Fall, in dem ein Kofferraumschlüssel aufgrund eines Versehens, das auch einem nicht besonders sorglos handelnden Versicherungsnehmer unterlaufen könne, sichtbar im Wageninnern liegengeblieben sei, ein Augenblicksversagen angenommen und grobe Fahrlässigkeit letztlich verneint (VersR 1986, 962, 963). In vorliegendem Fall ist dabei in Ansatz zu bringen, dass der Kläger, der ohnehin, was auch nahe liegt, meist selbst das Fahrzeug nutzte, wie die Zeugin ausgesagt hat, den Schlüssel nicht dauerhaft in seinem Fahrzeug zurückließ. Der Schlüssel wurde nicht im Fahrzeug aufbewahrt, sondern war dort nur in der Jacke des Klägers auf dem Rücksitz liegengeblieben, weil an diesem Tag die Zeugin mit ihrem Schlüssel das Fahrzeug des Klägers gefahren war. Der Senat kann auch nicht davon ausgehen, dass der Schlüssel dort vom Kläger bewusst zurückgelassen worden war.“

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Versicherung dann nicht von ihrer Verpflichtung zur Leistung frei wird, wenn der Versicherungsnehmer zwar objetkiv grob fahrlässig gehandelt hat, diesem aber aufgrund der weiteren Umstände des Einzelfalls – nur kurze Abwesenheit vom Fahrzeug, Vergessen des eigenen Schlüssels – kein Vorwurf der subjektiven groben Fahrlässigkeit zu machen ist.

OLG Celle, Urteil vom 18.06.2009, Az. 8 U 188/08

Geschrieben von Rechtsanwalt Frederick Pitz am Samstag, 23. Juli 2011